Sonntag, 18. März 2007

Winterurlaub im Kitschtal



Abreise war ja am Freitag. Geplant. Am Samstagmittag gings dann los, sie hatte ja auch inzwischen noch einen Skianzug gefunden. Obwohl die Saison ja schon vorbei ist.
Dennoch, im Schlussverkauf. Aber kaum angekommen: Sudden death of Tante. Also zurück. Wäre sowieso nicht so toll gewesen, der ganze Schickimickikram mit Ski und Schnee und was-weiß-ich.
Tante wohnte in Gelsenkirchen. Das bleibt jetzt auch so, weil sie sich ja dort schon eine Grabstätte reserviert hat. Um die kümmere ich mich jetzt an meinem dritten Urlaubstag.
Die bessere Hälfte muss mit dem Pfarrer sprechen. Inzwischen schaue ich mir Gelsenkirchen an. Das war auch ihre Idee.
Gelsenkirchen: Wenn man eine Stadt nicht kennt, schaut man halt in den Reiseführer. Für Gelsenkirchen gibt es aber keinen Reiseführer. Aber es gibt ein Ordnungsamt. Und eine topaktuelle Untersuchung der Abteilung für Stadtmarketing, wie ich dann auf dem Ordnungsamt erfahre.
Kurz zusammengefasst bewerten die Passanten die Orientierung in der Stadt und auch die Beleuchtung insgesamt positiv. Die Einkaufszone wird aber eher als abstoßend, provinziell, langweilig, öde, heruntergekommen und teuer bewertet. Welche andere Stadt kann das von sich behaupten?
Vor dem Ordnungsamt werfe ich ein paar Münzen in den Wunschbrunnen. Durch das Fenster schaue ich den Beamten beim Spielen zu. Sie haben ein neues Grafik-Adventure von Microsoft auf den Behörden-Monitoren laufen, es heißt Vista oder so. Der anscheinend eher weibliche Behörden-Computer kommentiert anscheinend weitschweifig jede geringe Kleinigkeit.
Alles wie zuhause.
Auch meine Heimatstadt Chemnitz gilt, wenn man Zeitungsberichten glauben darf, vielfach als öde und langweilig. Aber ich bin ja in Gelsenkirchen. Da kommt man in die Hölle und merkt erst nach Tagen, dass man gar nicht zu Hause ist.
Aus einem Blumenkasten tropft mir auf dem Weg zu Tantes Haus braune Gelsenkirchener Brühe auf meine weiße Fallschirmseidenjacke. Ich meine, einen Schutz gegen alles Mögliche gibt es nicht. Es können auch Dachziegel oder Äste runterfallen und Passanten treffen. Kein Grund, Blumenkästen zu verbieten. Ich glaube, das Landgericht München hat das auch schon mal so entschieden.
Na ja, die Jacke ist hin. War meine Lieblingsjacke, hinten drauf steht „Urlaub im Kitschtal“.

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©2007 Harnfried Schoßmüller-Knappentropf

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Gelsenkirchen ist nicht so schlecht.