Dienstag, 24. April 2007

Texas Chili


Manchmal werden einem Geschichten zugespielt, die so witzig sind, dass sie eigentlich nicht wahr sein können. So wie die vom unglücklichen Edgar, der in Texas an einem Chili-Wettbewerb als Juror teilnahm. Seine Erfahrungen hat er glücklicherweise zu Papier gebracht und sie sollen hier - in unserem wunderbaren, kleinen Reiseblog - auf keinen Fall verschwiegen werden.

Chili 1: Mike’s Maniac Mobster Monster Chili

Richter 1: Etwas zu tomatenbetont; amüsanter Kick.
Richter 2: Angenehmes, geschmeidiges Tomatenaroma. Sehr mild.
Edgar: Ach, du Scheiße! Was ist das denn für ein Zeug?!! Damit kann man ja getrocknete Farbe von der Autobahn lösen!!! Brauche zwei Bier, um die Flammen zu löschen.

Chili 2: Arthur’s Afterburner Chili

Richter 1: Rauchig, mit einer Note von Speck. Leichte Peperonibetonung.
Richter 2: Aufregendes Grillaroma, braucht mehr Peperoni um ernst genommen zu werden.
Edgar: Schließt das Zeug vor Kindern weg! Ich weiß nicht, was ich hier außer Schmerzen noch schmecken könnte. Zwei Leute wollten erste Hilfe leisten und schleppten mehr Bier ran, als sie meinen Gesichtsausdruck sahen.

Chili 3: Fred’s famous „Burning down the House Chili“

Richter 1: Exzellentes Feuerwerk Chili! Mordskick! Bräuchte mehr Bohnen.
Richter 2: Ein bohnenloses Chili, ein wenig salzig, gute Dosierung roter Pfefferschoten.
Edgar: Ruft den Katastrophenschutz! Ich hab ein Uranleck gefunden! Meine Nase fühlt sich an, als hätte ich Rohrfrei geschnieft. Inzwischen weiß jeder was zu tun ist: Bringt mehr Bier, bevor ich zünde. Die Barfrau hat mir auf den Rücken gehauen; jetzt hängt mein Rückgrat vorne am Bauch. Langsam kriege ich Gesichtlähmung von dem ganzen Bier!

Chili 4: Bubba’s Black Magic

Richter 1: Chili mit schwarzen Bohnen, fast ungewürzt. Enttäuschend.
Richter 2: Ein Touch von Limonen. Gute Beilage für Fisch. Eigentlich kein richtiges Chili.
Edgar: Ist es möglich, einen Tester auszubrennen? Sally, die Barfrau, stand hinter mir mit Biernachschub. Die hässliche Schlampe fängt langsam an, heiß auszusehen; genau wie dieser radioaktive Müll, den ich hier esse.

Chili 5: Linda’s Legal Lip-ex

Richter 1: Fleischig starkes Chili. Frisch gemahlener Cayennepfeffer fügt einen bemerkenswerten Kick hinzu. Sehr beeindruckend.
Richter 2: Hackfleischchili, könnte mehr Tomaten vertragen. Ich gebe zu, dass der Cayennepfeffer Eindruck hinterlässt.
Edgar: Meine Ohren klingeln, Schweiß läuft mir in Bächen herunter und ich kann nicht mehr klar sehen. Musste furzen und vier Leute hinter mir mussten vom Sanitäter behandelt werden. Die Köchin schien beleidigt zu sein, als ich ihr erklärte, dass ich von ihrem Zeug einen Hirnschaden erlitten habe. Sally goss mir Bier direkt aus dem Zapfhahn auf die Zunge und stoppte so die Blutung.

Chili 6: Vera’s Vegetarian Chili

Richter 1: Dünnes, aber dennoch kräftiges Chili. Gute Balance zwischen Chili und den anderen Gewürzen.
Richter 2: Das Beste bis jetzt! Aggressiver Einsatz von Chilischoten, Zwiebeln und Knoblauch. Superb!
Edgar: Meine Därme sind ein gerades Rohr voller gasiger, schwefeliger Flammen. Ich habe mich vollgeschissen, als ich furzen musste, und ich fürchte, es wird sich durch Hose und Stuhl fressen. Niemand traut sich mehr, hinter mir zu stehen. Kann meine Lippen nicht mehr fühlen. Habe das Bedürfnis, mir den Hintern mit einem großen Schneeball abzuwischen.

Chili 7: Susan’s Screaming Chili Sensation

Richter 1: Ein moderates Chili mit zu großer Betonung auf Dosenpeperoni.
Richter 2: Ahem, schmeckt, als hätte der Koch tatsächlich im letzten Moment eine Dose Peperoni reingeworfen. Ich mache mir Sorgen um Richter 3. Er scheint sich ein wenig unwohl zu fühlen und flucht unkontrolliert.
Edgar: Ihr könnt eine Granate in meinen Mund stecken und den Bolzen ziehen: Ich würde nichts spüren. Auf einem Auge sehe ich gar nichts mehr und die Welt hört sich wie ein großer, rauschender Wasserfall an. Mein Hemd ist voller Chili, das mir unbemerkt aus dem Mund getropft ist. Meine Hose ist voll lavaartigem Schiss und passt damit hervorragend zu meinem Hemd. Habe beschlossen, das Atmen einzustellen. Zu schmerzhaft.

Chili 8: Helena’s Mount Saint Chili

Richter 1: Ein perfekter Ausklang. Ein ausgewogenes Chili, pikant und für jeden geeignet.
Richter 2: Ein gut balanciertes Chili, weder zu mild noch zu scharf. Bedauerlich nur, dass das meiste davon verloren ging, als Richter 3 ohnmächtig vom Stuhl kippte und dabei den Topf über sich ausleerte. Armer Kerl; frage mich, wie er auf ein richtig scharfes Chili reagiert hätte.

Montag, 9. April 2007

Alles muss raus!


Die Vereinigten Staaten von Amerika sind groß, und es geschehen tagtäglich viele unglaubliche Dinge dort. Sie geschehen an Orten, die im Grunde genommen keiner Erwähnung wert wären, sich aber plötzlich in ganz anderem Licht zeigen.
Einer dieser Orte ist Tacoma. Das liegt im Bundesstaat Washington, weit im Nordwesten und weit entfernt von der gleichnamigen Hauptstadt. Es ist schade, dass man Blogs keine Aroma-Dateien beifügen kann, denn auf diese Weise wäre leichter zu ermessen, was Frank Zappa meinte, als er schrieb "with a garlic aroma that could level Tacoma". Das Kaff riecht nämlich nach Schwefel. Vielleicht liegt es auch daran, dass in der Liste bekannter Bürger so morbide Gestalten auftauchen wie Serienkiller Ted Bundy und Massenmörder Joseph E. Duncan III. Um dazu einen Satz von Max Goldt abzuwandeln: Tacoma ist die weit westliche Manifestation des Nicht-Monte-Carlo-Seienden.
Und irgendwie passt dazu, dass sich in Tacoma kürzlich die Risiken von Web 2.0 offenbarten. Ein entweder übellauniger oder aber spaßvogeliger Mensch hatte in einer Anzeigenseite im Internet annonciert, dass ein Haus renoviert werden würde, und dass es dazu komplett leer geräumt werden müsse. "Kommt und holt es euch! Alles umsonst!" Das ließen sich die Tacomer (oder heißt es Tacomaten?) nicht zweimal sagen. Das Haus war ruckzuck leer.
Leider hatte der Inserent weder mit dem Eigentümer noch mit dem Makler des Hauses das Geringste zu tun. Die ermittelnde Polizeibeamtin heißt übrigens Gretchen Ellis. Viel Glück! –
Von Tacoma aus halten wir uns östlich und erreichen irgendwann die Großen Seen. Am Lake Superior liegt Duluth. Und da der See so groß ist, dass man das andere Ufer nicht sehen kann, wähnt man sich am Meeresstrand, etwa so wie in Pompeji. Wie ich gerade auf Pompeji komme? Nun, im Jahr 2006 wurde in Duluth ein renovierter Freizeitpark wieder eröffnet. Ein Teil der investierten Millionen hatte ein künstlicher Vulkan verschlungen (!), integriert in ein Spaßbad. Im Vulkan eine Surround-Anlage, die das Grollen des Feuer speienden Molochs authentisch darbieten sollte. Aber die Anlage tat mehr als ihre Pflicht: Einige Tage nach der Eröffnung überhitzte sie sich eifrig und steckte dadurch den Kunstvulkan in Brand. Für einige kostbare Minuten durfte er sich als richtiger Vulkan fühlen. Im Gegensatz zu Pompeji wurde niemand ernsthaft verletzt. –
Und damit zur letzten Station dieser kleinen Nordamerika-Rundreise: Chattanooga in Tennessee. Dort stand ein 42-jähriger Mann im Verdacht, ein 15-jähriges Mädchen missbraucht zu haben. Nach einem Deal mit der Staatsanwaltschaft sollte er nach der Untersuchungshaft entlassen werden, wenn er sich an die vereinbarten Auflagen hielte. Doch bevor die Vereinbarung in Kraft treten konnte, änderte sich die Situation auf unerwartete Weise: Der Mann war gar keiner, sondern eine verkleidete Frau. Dieser Geschlechtsdimorphismus fiel auf, als der/die Untersuchungs(!)gefangene nach gut einer Woche zum Duschen gebracht wurde.
Für den kritischen Beobachter ergeben sich daraus zwei Fragen:
1.) Wieso durfte der/die Angeklagte erst nach zehn Tagen duschen?
2.) Wie kommt die Klägerin aus der Nummer wieder heraus?
Übrigens: Die Partnerstadt von Chattanooga ist Hamm in Westfalen. Vielleicht sollten dort alle mal prophylaktisch duschen gehen.
--
©2007 Julius Moll
Nicht verpassen: Moll bloggt.

Montag, 2. April 2007

Männliche Männer


In Polen gibt's die härtesten Kerle, sagt mein Freund Willi. Und Willi muss es wissen, weil Willi sich damit eingehend beschäftigt hat. Neulich saßen wir bei einem Bier zusammen, und er trug mir die Ergebnisse seiner Recherche vor, bei der sich ganz klar herauskristallisierte, dass es in Polen einfach die männlichsten Männer gibt.

Da stellt sich natürlich die Frage: Wie messe ich das? Gibt es so was wie ein Mann-O-Meter? Wie vergebe ich objektiv Punkte für Männlichkeit, so dass sich eine Reihenfolge ergibt mit einem ersten Platz und einem letzten Platz. Und obwohl sich Männlichkeit wissenschaftlich nur schwer in verifizierbare Tabellen gießen lässt, war sich Willi trotzdem sicher, dass die kernigsten Typen aus Polen kommen.

„Moment!“ wand ich ein, „letztens lief im Nachtprogramm des Sportfernsehens so ein Härtester-Mann-der-Welt-Contest! Und an eines kann ich mich gut erinnern: Der Sieger war kein Pole. Eher Ukrainer oder Lette oder so was.“ Für diejenigen, die die Sendung nicht gesehen haben, nur soviel: Das war die prächtigste Bullenzuchtschau seit langem. Die Burschen hatten mehr Bizeps als ich Oberschenkel und mussten zum Beispiel 150 Kilo schwere Betonkoffer schleppen oder 300 Kilo schwere Traktorreifen umdrehen. Vom Lkw-Weitziehen will ich da gar nicht reden. Da waren Typen bei, die derart viel Testosteron ausgeschwitzt haben, dass den weiblichen Fans davon ein Penis gewachsen ist.

Willi winkte ab: Nicht schlecht, aber nur im Mittelfeld seiner Männlichkeitsskala. Ich war platt; wenn das nur Mittelmaß war, dann wollte ich lieber nicht wissen, wo ich in dieser Tabelle landen würde. Vermutlich hinter lateinamerikanischer Formationstänzer und nur knapp vor Synchronschwimmer.

Wer also konnte härter sein als ein Betonkofferschlepper, Achtmannzelt-im-Sturm-Aufsteller oder ein sizilianischer Eisenbieger? Ich ging ein paar Namen durch: Boxweltmeister? Mount-Everest-Bezwinger? Raketentester? Nichts, alles nicht männlich genug für den Platz an der Sonne.

„Also, gut,“ sagte ich, „warum kommen die männlichsten Männer aus Polen?“

Willi sagte es mir und ich muss sagen: Er hatte Recht. Ohne Zweifel ging Platz 1 völlig verdient an einen Polen. Der Mann hinter dem Mann, der König der Apnoetaucher, der Tiger Woods unter den Fallenstellern: Krystof Azninski.

Nach einem kleinen Saufgelage mit Freunden schlug er ihnen mitten im Winter vor, sich auszuziehen und „Spiele für Männer" zu spielen. Zu Anfang schlugen sie sich gegenseitig mit Eiszapfen auf die Köpfe, aber dann schnappte einer sich eine Kettensäge und amputierte sich die Fußspitze. Doch damit nicht genug: Azninski griff sich die Säge, rief „Dann seht euch mal das an!", schwang sie gegen seinen Kopf und schnitt ihn ab.

„Es ist komisch", meinte einer seiner Gefährten, „denn als er klein war,
trug er die Unterwäsche seiner Schwester. Aber gestorben ist er wie ein
Mann."

Man kann jetzt davon halten, was man will, aber eines ist klar: das wird nur schwer zu toppen sein.